Neue verordnete Restriktionen und potenziell über Teilen der Wirtschaft schwebende Beschränkungen des öffentlichen Lebens in den Vereinigten Staaten und Europa lassen mehr und mehr das Gefühl aufkommen, dass unser gesamter Lebensinhalt samt aller Lebensziele inzwischen nur noch darum zu schwingen scheinen, Infektionen mit dem neuen Coronavirus mit allen Mitteln zu verhindern.

Allein unter Berücksichtigung der zuletzt getätigten Aussagen der WHO, wonach sich weltweit wahrscheinlich schon mehr als zehn Mal so viele Menschen mit dem neuen Coronavirus angesteckt haben könnten als momentan offiziell ausgewiesen (Stand gestern rund 35,3 Millionen), sei dies Anlass zur Sorge, weil es nach wie vor einen weltweit riesigen Pool an Menschen, der sich anstecken könnte, gäbe. Es stellt sich die Frage, wie lange und über wie viele Monate und Jahre die aktuelle Situation noch anhalten könnte.

Gewiss setzen nahezu alle Regierungen auf die Distribution eines potenziellen Impfstoffs, um die Coronavirus-Krise zu lösen und hinter sich zu bringen. Spätestens ab dem Frühjahr des nächsten Jahres wird sich höchst wahrscheinlich zeigen, ob sich die hiermit in Verbindung stehenden Hoffnungen erfüllen werden, oder ob es zu herben Rückschlägen, Nebenwirkungen und/oder anderen Problemen hinsichtlich der Impfstoffentwicklung kommen könnte.

Wie dem auch sei, es lässt sich feststellen, dass weite Teile der Wirtschaft, angefangen bei der Tourismus-, Reise- und Flugindustrie über Hotels, Restaurants und Bars bis hin zu Betreibern von Kinos, Theatern und sonstigen Kultureinrichtungen, auf ein Zeitfenster blicken, das sich bezüglich einer Aufrechterhaltung der eigenen Betriebsaktivitäten in einem immer schnelleren Tempo zu minimieren droht.

AMC Entertainment: Downgrade und Negativausblick

Ins Bild passt, dass AMC Entertainment, der weltweit größte Kinobetreiber, innerhalb der nächsten sechs Monate die Liquidität ausgehen könnte. Unter Bezugnahme auf einen Bericht von Hollywood Reporter hat die Ratingagentur S&P Global Ratings die Kreditbonität von AMC Entertainment inzwischen von CCC+ auf CCC- heruntergestuft und gleichzeitig auch noch den Ausblick auf negativ gesenkt.

Tiefer im Junkbonduniversum kann ein Unternehmen schon kaum mehr stecken. Bei S&P wurde die getroffene Entscheidung mit dem Verweis auf die extrem hohe Cashburn-Quote des Unternehmens begründet, was innerhalb der nächsten sechs Monate zu Liquiditätsengpässen führen werde, solange es dem Management von AMC Entertainment nicht gelingen sollte, frisches Kapital aufzunehmen.

S&P Global Ratings senkte neben der Kreditbonität zugleich auch den Ausblick auf negativ, da das Risiko eines Zahlungsausfalls hoch sei. Wer wundert sich über diese Entwicklungen, wenn man bedenkt, dass die Anzahl der Kinobesucher seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie nahezu weltweit in die Knie gegangen ist?!

70 % aller Kinos wiedereröffnet – jedoch nicht wiederbelebt!

Inzwischen haben rund siebzig Prozent aller Kinotheater in den Vereinigten Staaten ihre Pforten wieder geöffnet, dabei auf strenge Hygiene- und die Einhaltung von sozialen Abstandsregeln achtend, was bislang jedoch nicht zu einer hoffnungsvollen Belebung der Besucherzahlen geführt hat.

Während eine Reihe von Hollywood-Studios den Start der mitunter größten Filmproduktionen ins Jahr 2021 verschoben hat, ging die Wiedereröffnung der Kinotheater in den USA vor dem Tag der Arbeit mit der Ausstrahlung von insgesamt fünfundzwanzig Filmen einher, die an diesem Wochenende einen kumulierten Betrag in Höhe von 28,4 Millionen US-Dollar in die Kassen der Kinobetreiber gespült haben.

An den hierauf folgenden Wochenenden sanken diese Einnahmen dann laut IMDB jedoch auf 12,6 Millionen US-Dollar (11.-13. September) respektive 11,3 Millionen US-Dollar (18.-20. September). Die aktuelle Lage erweist sich aus Sicht von Hollywood-Studios und Kino-Betreibern also nach wie vor alles anderes als vielversprechend.

Bereits im Monat Juli hatte sich AMC Entertainment mit seinen Bondhaltern auf eine Restrukturierung der ausstehenden Unternehmensschulden geeinigt. In diesem Zuge wurden immerhin 200 Millionen US-Dollar in die klammen Kassen des Unternehmens gespült. Zum selben Zeitpunkt zeichnete die Silver Lake Group eine Tranche bevorrechtigter Bonds in einer Gesamthöhe von einhundert Millionen US-Dollar.

Weitere Finanzmittel in Höhe von 77 Millionen US-Dollar beschaffte sich das Unternehmen damals durch einen Verkauf von insgesamt neun Kinotheatern in der baltischen Region. Laut S&P Global Ratings hätten diese Maßnahmen jedoch nichts an der Tatsache verändert, dass AMC Entertainment sowohl finanziell als auch aus Perspektive des operationalen Geschäfts weiterhin auf wackligen Beinen stünde.

Hauptgrund hierfür sei, da die Besucherzahlen in den USA nach der Wiedereröffnung der Aktivitäten nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau verharrten. Die Ausstrahlung von sogenannten Blockbuster-Produktionen sei durch eine Reihe von Studios zudem ins nächste Jahr verschoben worden. Die aktuelle Cashburn-Quote des Unternehmens sei deshalb auch extrem hoch.

Streaming-Plattformen werden zur immer größeren Konkurrenz

Ähnlich wie im Fall der Probleme, auf welche der stationäre Einzelhandel hinsichtlich einer sich intensivierenden Abwanderung der Kundschaft ins Internet blickt, konkurrieren Firmen und Kinobetreiber wie AMC Entertainment zudem immer stärker mit Streaming-Plattformen und anderen Internet-Diensten dieser Art.

Nach der Verhängung des Lockdowns im März ist das Geschäft der Kinobetreiber in den USA massiv eingebrochen. Allein im zweiten Quartal sanken deren Einnahmen im Vergleich mit dem Vorjahr um durchschnittlich 75 Prozent. Trotz der erteilten Erlaubnis zu einer Wiederaufnahme ihrer Aktivitäten haben bislang nur rund siebzig Prozent aller Kinobetreiber in den USA hiervon Gebrauch gemacht.

Ruf nach Rettungsgeldern wird laut – Gerüchte um Schließung von Cineworld

Erst kürzlich warnten der Nationale Verband der Kinobetreiber, der Regisseur-Verband und die Motion Picture Association den US-Kongress davor, dass viele Unternehmen in der Branche den aktuellen Wirtschaftsabsturz nicht überleben werden, falls nicht endlich Gelder zugunsten einer Rettung dieser Branche bereitgestellt würden.

Für Aufruhr sorgte die jüngste Meldung, laut welcher der britische und weltweit zweitgrößte Kinobetreiber namens Cineworld alle seine in den Vereinigten Staaten betriebenen Theater in den nächsten Tagen temporär und für unbestimmte Zeit schließen könnte, wie das Wall Street Journal schreibt. Insgesamt stünden damit mehr als fünfhundert Kinotheater in den USA vor einer temporären – oder teilweise womöglich auch permanenten – Schließung.

Zu einer entsprechenden Ankündigung könnte es laut WSJ zu Beginn der kommenden Woche kommen. Betroffen von einer solch potenziellen Entscheidung wären insgesamt 549 Theater, die Cineworld in zweiundvierzig Bundesstaaten in den USA unter dem Namen Regal betreibt.

Für eine mögliche Entscheidung zu einer temporären Schließung der Kinotheater scheint die Tatsache verantwortlich zu sein, dass viele der Örtlichkeiten noch immer kaum über Besucher verfügen. Aus diesem Grunde, so das WSJ unter Bezug auf Insider, ließe sich nachvollziehen, wenn große Kinobetreiber über Schließungen nachdächten, Arbeitnehmer entließen und im selben Atemzug den Versuch unternähmen, die Aktien- und Bondmärkte anzuzapfen, um im Angesicht von Plänen zur Neustrukturierung des Geschäfts frisches Kapital aufzunehmen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Hin und wieder versuche ich mir vorzustellen, welche Dienstleistungswüste dort draußen gerade am Entstehen sein könnte, falls diese Wirtschafts- und Gesundheitskrise noch ein weiteres oder gar zwei oder drei weitere Jahre andauern sollte. Pandemien dauern zeitlich oft länger an, als man es sich vorstellen möchte. Zwar lässt sich das Coronavirus in Bezug auf dessen Gefährlichkeit nicht mit Plagen wie der Pest oder Pandemien im Endstadium des Römischen Imperiums vergleichen, könnte jedoch ähnliche wirtschaftliche Transformationen und Langzeitfolgen nach sich ziehen.

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